Einführung
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Die erste Etappe unserer Reise führte uns über die hohen Pässe des pontischen Scheidegebirges
hinweg in das Flusstal des Çoruh Nehri mit seinen schönen Schluchten. Trotz der relativ kurzen Distanz
erwies sich dieser Teil als ausserordentlich abwechslungsreich: Die meteorologisch - klimatischen und topographischen
Gegebenheiten bedingen einen Übergang von der feuchten Schwarzmeerküste mit subtropischem Klima zu den
alpinen Weidegebieten weit oberhalb der Baumgrenze mit subarktischem Klima und schliesslich
ein Wechsel zu den ariden Zonen mit typischen Flussoasen
auf der Regenschattenseite des Gebirges. Aus mehreren Möglichkeiten wählten wir nicht den einfachsten der
Übergänge durchs Gebirge, sondern jener, der das äusserst sehenswerte hellenistische Kloster Sümela mit einschliesst,
einer der kulturhistorischen Höhepunkte der Reise.
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Tagebuchausschnitte
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Durch die Täler bei Maçka
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Den stärksten morgendlichen Stossverkehr Trabzons - und leider ebenso die Sonne - hinter uns lassend,
fuhren wir südwärts das Tal hoch nach Maçka. In diesem Marktflecken assen wir
erstens herrliche Kirschen und konnten zweitens die Fernverkehrstrasse verlassen, welche mit einem Schwenker
nach Westen hin über den Zigana nach Bayburt führt. In mancherlei Aspekten erinnerte uns die hier
angetroffene Landschaft an unsere Täler auf der Alpensüdseite, insbesondere zu solchen Zeiten
wenn dort ausnahmsweise Regenwetter herrscht. Grüne Wälder und durch Felsabbrüche
dominierte Steilhänge bis hin zu eigentlichen Schluchten, daneben Obstkulturen und Haselnusssträucher
trugen sicherlich das ihre zu diesem Eindruck bei.
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Altındere Vadisi Milli Parkı
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Die Strasse wurde nun bedeutend steiler und enger, wie auch das Tal selbst, das Flüsschen geriet zum
Wildwasser und die Feuchte der Luft erreichte und überschritt schliesslich den Kondensationspunkt.
Am Eingangstor zum Nationalpark Altındere Vadisi wurden von uns Velofahrern keinerlei Eintrittsgebühren
erhoben und wir fuhren weiter zum Hotel und Restaurant, welches hunderte von senkrechten Metern direkt unterhalb der Klosteranlage
von Sümela am stiebenden Bache lag.
Mittlerweile hatte der in dieser Gegend typische feine Nieselregen eingesetzt, welcher jedoch nicht wirklich durchnässend war.
Der Aufstieg auf der sehr steilen Piste setzte genug Energie frei, so dass sich quasi ein Gleichgewicht zwischen Niederschlag und
unmittelbarer Verdampfung etablierte. Erst für den kurzen Fussmarsch vom allerletzten Parkplatz zum Kloster holten wir
unsere Regenjacken hervor.
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Hellenistisches Felsenkloster Sümela
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Das der heiligen Jungfrau Maria gewidmete griechisch orthodoxe Kloster von Sümela wurde in eine Grotte in
einer mehrere hundert Meter hohe Felswand gebaut und scheint im Himmel zu schweben. Dieser Eindruck wird verstärkt
durch die Anwesenheit der Wolken, welche die meiste Zeit das Kloster umwoben.
Der Zugang zum Kloster führte über eine schmale an die Felswand gebaute Treppe hoch zu einem
Pförtnerhäuschen, welches in schlechten Zeiten den Zugang zu verhindern musste. Tritt man ein, so
findet man auf der Bergseite die ursprünglichen Klostergebäude mit mehreren Kapellen. Die in der Grotte
selbst errichtete Hauptkirche zeigt innen wie aussen schöne Fresken mit Szenen aus dem Leben Jesus aber auch
profane Motive wie die Krönung des Kaisers Alexios. Sie sind bis in durch Hände erreichbare Höhen
durch das Einritzen von Namen stark beeinträchtigt, auch fehlen teilweise ganze Stücke, die durch
andenkenhungrige Besucher in der Zeit zwischen der Aufgabe des Klosters in den Wirren der Staatsgründung
der modernen Türkei und der Unterschutzstellung der Anlage. In den letzten Jahren wurde intensiv an der
Wiederherstellung des wohl mehr als 1500 Jahre alten Klosters gearbeitet
Auf der Talseite befindet sich die erst im 19. Jahrhundert vorgeblendete Fassade, die den Eindruck einer kontinuierlich
senkrechten Felswand verstärkt, den man von aussen gewinnt.
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Auf schmaler Schotterpiste durch den Nebel den Höhen entgegen
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Entlang des Baches erklommen wir auf regennasser Schotterpiste durch den üppig grünen Wald Meter um
Meter an Höhe. Dass es sich hier nicht um eine Durchgangstrasse handeln konnte, wurde uns bald auf Grund des
sehr spärlichen Verkehrs, der sich auf einige wenige Fahrzeuge noch beschränkte, bewusst. Der Nebel wurde
immer dichter und wir konnten kaum noch die unmittelbare Umgebung wahrnehmen, selbst als wir den Wald hinter uns
gelassen hatten und offenes Alpgelände erreicht hatten. Gelegentlich tauchten Alphütten auf oder dann wie
aus dem Nichts eine Frau mit einer Kuhherde. Dass die angetroffene Wettersituation nicht eine seltene Ausnahme war,
zeigte sich wohl auch daran, dass die Frauen trotz der hohen Feuchtigkeit ihre Wäsche zum Trocken auf die Leine
gereiht hatten.
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Alpine Weiden und Pisten über hohe Pässe
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Laut unserer Karte hätten wir den 2010 Meter hohen Kostandağı Geçidi schon längst
erreicht haben sollen, als wir auf einer Höhe von 2200 Metern in einem Hochtal unser erstes Zeltlager aufstellten.
Am nächsten Morgen hatte sich der Nebel etwas gelichtet und wenig später setzte sich die Sonne wieder
durch. Wir passierten herrliche Alpweiden auf welchen grosse Herden von Kühen und Schafen sich am saftigen Gras
gütlich taten. Wir befanden uns nach wie vor im Aufstieg als wir in einigen grösseren Alpsiedlungen vorbeikamen,
wo wir uns nach dem Weg erkundigen konnten. Bald einmal stellte sich heraus, dass wir nicht einen Pass, sondern gleich
mehrere zu überwinden hatten, bis wir wirklich auf der Südseite des pontischen Scheidegebirges angelangt waren.
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Forellenessen im Restaurant an der Strasse
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Mit dem Erreichen der Fernverkehrstrasse von Gümüşhane nach Bayburt wurde auch die Versorgungslage
schlagartig besser. Wir machten gleich beim ersten Restaurant halt und wurden dort gleich in deutscher Sprache willkommen geheissen.
Wie es sich herausstellte, handelte es sich um Emigranten aus Deutschland, die zur Besitzerfamilie gehörten und ihren Urlaub
hier verbrachten. Als wir nach dem köstlichen Forellenessen unsere Rechnung begleichen wollten, wurde uns beschieden dass
es ihnen eine Freude gewesen wäre und hier zu Besuch gehabt zu haben und dass wir eingeladen gewesen wären.
Beschämend daran zu denken, wie Leute türkischer Herkunft in unseren Breitengraden oft behandelt werden!
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Vegetationsreiches Tal bei Maçkar
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In die Felsen gebautes Sümelakloster
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Innengebäude im Kloster von Sümela
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Aussenfresko an der Klosterkirche von Sümela
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Alpgebäude und Weiden in den Kalkanlı Dağları
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Sandra auf dem 2700 m hohen Tekmezar Geçidi
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Bergdorf am Kostandağı Geçidi
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Unbefestigte Passstrassen in den Kalkanlı Dağları
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Am Südabhang der Kalkanlı Dağları bei Yayladere
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