Mittwoch, 25. Juni 1997 11

Über den Rohtang La ins Lahaul


2000 Höhenmeter auf 60 Kilometer zum Rohtang La
Ein früher, aber prächtiger Morgen
Kurz vor 5 Uhr stand ich auf, um kurz nach draussen zu schauen. Ein Blick genügte, um festzustellen, dass das Wetter am heutigen Tag sehr nichts zu wünschen übriglässt. Wir erhoben uns und fuhren bereits vor 6 Uhr weg ins Stadtzentrum runter. Nik warf in der Hauptpost noch kurz die am Vortag geschriebenen Postkarten ein und dann ging es los Richtung Rohtang La.
Erst im schattigen Talgrund aufwärts
Nach der kurzen Abfahrt bis zur Brücke über den Beas ging es entlang dem Flusse durch einige nicht sehr ansehliche Tibetersiedlungen. Diese Volksgruppe trä hier in der Himalayagegend sehr viel zum Bau und Unterhalt der Gebirgsstrassen mit. Da sich die Baustellen jedes Jahr wieder an einem andern Ort befinden und die Arbeiter entsprechend ihren Aufenthaltsort wechseln, wirken die Lager oft ärmlich oder vielleicht treffender «improvisiert».Wir fuhren noch längere Zeit im Talgrunde, den die Sonnenstrahlen immer noch nicht erreicht hatten. Nach etwa einer Stunde Fahrt passierten wir einen militärischen Stützpunkt und erreichten kurz darauf eine Budenstadt an der Strasse. Hier nahmen wir vorerst mal ein kräftiges Frühstück ein.
Rent «Snow Boots and Fur»
Auf der nachfolgenden Strecke fanden sich an der Strasse immer wieder kleine Läden vor welchen in Reih und Glied ordinäre Gummistiefel plaziert waren. Die Buden selber waren mit Pelzmänteln behangen. Es wurde offenkundig, dass hier die Ausrüstung gemietet werden konnte, welche von den indischen Touristen aus dem Flachland in den weiter oben liegenden Schneefeldern zum Einsatz gelangen sollte. Doch davon soll erst in einem späteren Abschnitt erzält werden.
In grossen Kehren über Alpweiden und durch lockeren Wald
Die Sonnenstrahlen hatten uns mittlerweile auch erreicht und wir machten uns auf den weiteren Passanstieg. Die Strasse führte nun am südöstlichen Hang entlang in weiten Kehren durch offenen Wald oder über Alpweiden. Kurz nach dem Erreichen der Baumgrenze überwanden wir eine kleine Kuppe und bogen kurz in ein kleines Tal ein, um sofort wieder am gegenüberliegenden Hang weiter aufzusteigen. Dort erreichten wir eine kleine touristische Siedlung mit Restaurants, sowie einigen aufdringlichen Safran-Verkäufern.
Das Schicksal der Melone
Zu unserem Tagesproviant gehörte auch eine in Manali auf dem Markt gekaufte Wassermelone. Nach dem Überwinden von etwa zwei Dritteln der Höhendifferenz zur Passhöhe fand ich die Zeit fü gekommen, diese an einem malerischen Ort mit schöner Aussicht zurück nach Manali zu schlachten. Ein kurzer, kräftiger Schnitt mit dem Militärmesser - und das faule Innere trat ans Tageslicht! Voller Enttäuschung und Frust packte ich die (ich glaube von Nik) auf diese Höhe hochtransportierte Frucht und zerschmetterte sie an einem im Boden liegenden Felsen in tausend kleine Stücke!
Munteres Treiben im Schnee auf dem Rohtang La
Von der Touristenwelle überrollt
Der Autoverkehr nahm nun nochmals zu und unversehens gerieten wir Radler nun selber zur touristischen Attraktivität. Wir wurden aus den Fahrzeugen heraus regelrecht «interviewt» und fotographiert. Ein Wagen mit einer Sikh-Familie stoppte sogar vor uns. Wir kamen nicht umhin, eine Zwangspause einzulegen, bis sich die ganze Familie um uns zum Fototermin gruppiert hatte und mit uns komischen Kerlen auf Film gebannt waren.
Der «höchstgelegene Verkehrsstau»
Auf den letzten paar hundert Metern vor einem etwas schwerer passierbaren Lawinenkegel waren die Autos zum Stehen verurteilt. Wir konnten uns jedoch ohne grössere Probleme, entweder links oder rechts, an ihnen vorbeischlängeln und sahen auf diesem Abschnitt viele von unseren «Interviewern» wieder.
«Wintersport» à l'indienne
Auf den letzten beiden Kilometern bis zur Passhöhe trafen wir dann auch auf den Einsatzort der Gummistiefel und Pelzmäntel, nämlich ein grösseres und relativ flaches Schneefeld, auf welchem sich die Heerscharen von «wintersportverrückten» Indern tummelten. Diese spazierten auf ihrem wohl ersten Schnee herum, liessen sich mit Pferde oder Mensch gezogenen Schlitten herumschieben, oder versuchten sich sogar mit Skiern auf der ungewohnten Unterlage.
Wir zogen uns in eine der reichlich vorhandenen Teebuden am Rande der Strasse zurück, um etwas Dhal and Rice zu uns zu nehmen und natürlich auch, um das muntere Treiben weiter zu beobachten.
Beschwerliche Abfahrt ins Lahaul
Herrliches Bergpanorama
Auf der Passhöhe angekommen öffnete sich uns gegen Norden hin ein Panorama, welches sich gänzlich von dem unterschied, was wir bisher zu Augen bekommen hatten. Das Tal unter uns wies fast keine grössere, zusammenhängende Vegetation mehr auf, und die Bergketten in der Ferne waren schroff und sämtlich mit Schnee bedeckt.
Durch die Schmelzwasserbäche
An den nordwärts orientierten Abhängen lagen noch weite Schneefelder, die bis an die Strasse hinunter reichten. Aus ihnen traten grössere Mengen von Schmelzwasser aus, welches der Fahrbahn entlang lief und sich zu veritablen Bächen vereinte und diese natürlich stark ausschwemmte. Wo sich die strömenden Fluten ihren Weg über die Strasse suchten, galt es für uns diese Hindernisse einigermassen trockenen Fusses zu überwinden. Dies gelang jedoch nicht in allen Fä:llen.
Dosierte Abfahrt nach Gramphoo
Nach der Passhöhe verschlechterte sich die Strassenqualität markant. Es ist offensichtlich, dass der hauptsächliche, d.h. touristisch motivierte, Verkehr von Manali bis zu den Schneefeldern führt. Geradezu selten scheint dagegen der Pass überquert zu werden, um in die Täler des Lahauls oder weiter nach Spiti zu gelangen.
Der Schotterbelag und die Allgegenwart von Schlaglöchern unbekannter Tiefe erlaubten keine rasante Talfahrt, wollte man die Velos nicht über Gebühr strapazieren.
Gramphoo, unser Lagerplatz
Ein windiger Ort an der Abzweigung nach Spiti
An der Strassengabelung angekommen schlugen wir kurz den Weg in Richtung Spiti ein, um alsbald etwas unterhalb der Strasse einen wunderschönen Platz für unser Nachtlager zu finden. Wir kochten uns eine Suppe zum Aufwärmen nach der langen Abfahrt und auch weil ein bissig-kalter Wind aufgekommen war. Nik und Urs gingen noch in das Teehaus an der Strassenabzweigung kurz essen, ich verzichtete auf ein ausgedehnteres Nachtessen, um meinen Magen noch zu schonen.
In der Nacht hatten wir ein wenig Regen.
Morgenesshalt in Palchan Morgenesshalt in Palchan Urs auf der Höhe der Baumgrenze Urs an der Baumgrenze
Blick zurück Richtung Manali mit den vielen Strassenkehren Blick zurück nach Manali mit den vielen Strassenkehren
Passage eines Lawinenkegels Durch den Lawinenkegel Urs beim späten Mittagessen auf dem Rohtang La Beim späten Mittagessen
Indische Touristen beim Wintersport Indische Touristen beim Wintersport
Indische Touristen beim Wintersport Indische Touristen beim Wintersport
Passhöhe des Rohtang La Passhöhe des Rohtang La Urs und Nik auf der Abfahrt vom Rohtang La Abfahrt vom Rohtang La
Ganz unten im Lahaul Tal Strasse zum Kunzum La Ganz unten im Lahaul Tal Strasse zum Kunzum La
Nik beim Passieren eines Schmelzwasserlaufes Nik beim Passieren eines Schmelzwasserlaufes
   

Reise-Beschreibung
Auswahl der Etappen Tagebuchseiten dieser Etappe
Durch die Indischen Ebenen Über den Rohtang La ins Lahaul
In den Vorbergen des Himalaya Durch die Täler des Lahauls
Auf der «Haute Route» des Himalaya nach Ladakh Krisentag mit Aufstieg nach Patseo
Erholungsurlaub in der «Touristenmetropole» Leh Über den Baralacha La, 4800 m
Durch die grossen Flusstäler via Kargil nach Zanskar Durch die Gata Loops und über den Lachalung La
Mit Pferdetrek über den Shingo La zurück ins Lahaul Königsetappe mit Taglang La, 5400 m
Abschied von Lahaul, Erholung in Manali Durchs Industal nach Leh
«Shopping» in Delhi und Ausflug zum «Taj Mahal»  

Foto Gallerien
Impressionen. Momente der Reise festgehalten in 59 Bildern und in getrenntem Fenster angezeigt. Bilderindex
Reise in Bildern. Die in den Textteilen zur Illustration verwendeten Bilder im Grossformat in getrenntem Fenster angezeigt.
Übersicht
Startseite Himalaya-Tour. Einführung zur Reise in den indischen Himalaya und Übersicht mit Kurzbeschrieb der einzelnen Etappen.

Heinz Rüegger - 15.04.2007 HOME