Dienstag, 08. Juli 1997 24

Durch die Schluchten des Indus


Back on the Road Again
Ein früher Morgen
Am heutigen Tage sind wir am Morgen wieder einmal rechtzeitig aus dem Schlafsack gestiegen, um die letzten Sachen noch zusammenzupacken für die Abfahrt. Ein letztes Mal haben wir im Oriental das Frühstück genossen und anschliessend die Rechnung für die ganze Woche beglichen. Wo kann man schon für den Gegenwert von ca. SFr. 120 eine Woche Urlaub zu Dritt mit Halbpension verbringen ausser in Indien und dabei noch leben wie die Fürsten?
Ein toller Abschied von Leh
Nach dem Aufpacken der Fahrräder hiess es Abschied nehmen von unser Gastfamilie, die uns während unserem Aufenthalt in Leh wärmstens umsorgt hatte. Dazu wurde uns ein ein weisses Tüchlein, in der Art der Gebetsfahnen, um den Hals gelegt und unter vielen «Juley, Juley» Rufen wurden wir aus dem Oriental Guesthouse verabschiedet.
Auf der Militärstrasse nach Westen
Einige letzte Besorgungen
Unser Weg führte uns vorerst in die Gegenrichtung, nämlich Richtung Stadt, wo wir letzte Besorgungen erledigen wollten: In der German Bakery noch etwas Vollkornbrot und Yak-Käse, an der Tankstelle noch Benzin für den Kocher. Zudem hielt Nik noch Ausschau nach einer Ersatzfelge, wurde jedoch im Leh Basar nicht fündig, weshalb wir uns entschlossen auf Risiko weiterzufahren. Schlimmstenfalls konnte er ja immer noch einen Lastwagen oder Bus nach Padum nehmen. Danach hiess es ja sowieso auf Schusters Rappen weitergehen.
Auf nach Kargil
Der Weg nach Westen auf der sogenannten Militärstrasse verlief vorerst einmal noch talwärts am Flughafen von Leh entlang, um anschliessend flach entlang von militärischen Anlagen zu verlaufen. Nach wenigen Kilometern jedoch sahen wir die erste Steigung vor uns: eine lange schiefe Ebene, die sich endlos dahinzuziehen schien. Erreichte man das sichtbare Ende der Strasse, so erwies sich dies jeweils als Trugschluss, da nur gerade eine Bodenwelle erreicht worden war, von welcher aus man bereits wieder in der Ferne einen ungewissen Kulminationspunkt gewahr wurde. Schliesslich hatten wir jedoch die Passhöhe des unbenannten Passes erreicht und die Strasse verlief nach einem Richtungswechsel nach Süden leicht abwärts.
Cannondale Mandi and Magnetic Hill
Unvermittelt kamen wir zu zwei Attraktionen mitten in der Wüstenlandschaft. Erstens wurde ein magnetisches Naturphenomen, «Magnetic Hill», angekündigt, dessen Stärke wir mit unseren Aluminium- und Chromstal-Bikes aber nicht überprüfen konnten. Zweitens war etwas abseits der Strasse ein kleines Hinditempelchen errichtet, welches den Namen Cannondale Mandi (sic!) trug. Nik liess es sich natürlich nicht nehmen sein Cannondale Bike werbewirksam vor das entsprechende Strassenschild zu plazieren, um ein Foto zu realisieren.
Zusammenfluss von Indus und Zanskar
Zwei Flüsse - zwei Schluchten - zwei Farben
Nach einer leichten S-Kurve abwärts standen wir wiederum völlig unvermittelt vor einem grossen Abgrund und hatten einen tollen Ausblick auf eine der tiefen Schluchten des tiefbraunen Indus, welche wir mittels des vorhergehend erwähnten Passes umgangen hatten. Die Strasse folgte nun der Richtung der Schlucht und führte steiler werdend abwärts. Bald einmal erreichten wir eine Stelle, welche einen schönen Überblick über den Zusammenfluss des helleren Zanskar Chu mit dem dunkleren Indus ergab.
Verwehrter Zugang nach Padum
Der kürzeste Weg von hier nach Padum wäre natürlich, dem Flusslauf des Zanskars zu folgen. Leider sind jedoch die Schluchten dieses Flusses unpassierbar. Selbst Fussgänger haben den Umweg über hohe Pässe in Kauf zu nehmen, ausser sie nehmen den Weg im tiefsten Winter unter die Füsse, wenn der Fluss teilweise zugefroren ist, und man sich auf den Eisbändern am Ufer vorwärts bewegen kann. Der praktikabelste Weg für uns führte über Kargil und den Pensi La und repräsentierte einen mehrere hundert Kilometer langen Umweg!
Oasen und Schluchten am Indus
Grüne Oasen
Nach der Passage durch eine wüstenhafte Landschaft traten wir in Nimmu wieder in eine grüne Oase ein. Solche Oasen sind wie immer in der Gegend nicht ein Produkt erhöhter Mengen an Niederschlag, sondern sind auf die Kulturleistung der Einheimischen zurückzuführen. In genialer Weise werden meist Seitenflüsse, seltener der Hauptfluss selber, des Indus nutzbar gemacht, um eine Abfolge von Terrassenfeldern mit lebensspendenden Nass zu versorgen.
Pass zwischen Basgo und Alchi
Nach der Oase Basgo wand sich die Strasse wieder den Hang hoch, um wiederum eine unpassierbare Indusschlucht zu umgehen. Im kurvenreichen Aufstieg wurden wir von einem Konvoi von Motorradtouristen überholt, die auch Richtung Westen unterwegs waren. Nach Überwindung des Kulminationspunktes und einer grösseren Hochebene folgte dann eine längere schöne Abfahrt in einem Seitental nach Alchi am Indus. Wir verzichteten auf einen Besuch im bekannten lokalen Kloster, um sofort in die nachfolgende grosse Schlucht einzutreten.
Durch die Indusschlucht nach Nurla
Das Grün von Alchi hinter uns lassend tauchten wir wieder in eine erdfarbene Landschaft ein: brauner Indus zur Linken, ockerfarbene Felswände und Geröllhalten zur Rechten, mittendurch eine aufwendig konstruierte Strasse, deren schwarzer Teerbelag in der nun herrschenden Hitze aufschmolz und teilweise arg an den Reifen festklebte. Die hohen Temperaturen (um die 40 °C) machten uns bald einmal zu schaffen, so dass wir hinter Nurla nach einem geeigneten Ort Ausschau hielten, an welchem wir unser Zelt aufschlagen konnten. Nachdem wir einen Platz unterhalb der Strassenböschung ausfindig gemacht hatten, verzogen wir uns vorerst einmal in den Schatten einiger Steinblöcke um den Abend abzuwarten, bevor wir mit den «Hausarbeiten» begannen.
Milde Sternennacht
Nach dem Sonnenuntergang folgte nicht der sonst übliche rasche Temperatursturz; die Wärme wurde in der Schlucht wie in einem Backofen noch gespeichert. Für einmal lagen wir noch lange vor dem Zelt und betrachteten mit dem Feldstecher den Sternenhimmel hoch über uns.
Umgehungsstrasse der Indusschlucht, Cannondale Mandi Umgehung der Indusschlucht, Cannondale Mandi
Umgehungsstrasse der Indusschlucht, Cannondale Mandi Umgehung der Indusschlucht, Cannondale Mandi
Zusammenfluss des Indus (dunkel) und des Zanskar (hell) Zusammenfluss des Indus Zusammenfluss des Indus (dunkel) und des Zanskar (hell) und des Zanskars
Zusammenfluss des Indus (dunkel) und des Zanskar (hell) Zusammenfluss des Indus und des Zanskars
Blick auf die Oase Nimu im Indus-Tal Blick auf die Oase Nimu im Indus-Tal
Eine der vielen engen Schluchten des Indus Enge Schlucht des Indus Klosterdorf Basgo Gompa Klosterdorf Basgo Gompa
Klosterdorf Basgo Gompa Klosterdorf Basgo Gompa im grünen Indus-Tal
   

Reise-Beschreibung
Auswahl der Etappen Tagebuchseiten dieser Etappe
Durch die Indischen Ebenen Durch die Schluchten des Indus
In den Vorbergen des Himalaya Lamayuru Gompa und Photu La
Auf der «Haute Route» des Himalaya nach Ladakh Namika La und Wakha Chu Tal
Erholungsurlaub in der «Touristenmetropole» Leh Durchs Suru Tal zum Nun Kun Massiv
Durch die grossen Flusstäler via Kargil nach Zanskar Durchs Hochtal zum Pensi La
Mit Pferdetrek über den Shingo La zurück ins Lahaul Durch Zanskar nach Padum
Abschied von Lahaul, Erholung in Manali Trek-Vorbereitungen in Padum
«Shopping» in Delhi und Ausflug zum «Taj Mahal»  

Foto Gallerien
Impressionen. Momente der Reise festgehalten in 59 Bildern und in getrenntem Fenster angezeigt. Bilderindex
Reise in Bildern. Die in den Textteilen zur Illustration verwendeten Bilder im Grossformat in getrenntem Fenster angezeigt.
Übersicht
Startseite Himalaya-Tour. Einführung zur Reise in den indischen Himalaya und Übersicht mit Kurzbeschrieb der einzelnen Etappen.

Heinz Rüegger - 28.05.2007 HOME