Im Schmugglerzug durch Belutschistan

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Einführung
Der Aufenthalt in Pakistan war sehr kurz und auf die Provinz Belutschistan im Südwesten des Landes beschränkt. Da wir aber in den zweieinhalb Tagen doch einige bemerkenswerte, beschämende, wie auch erheiternde Beobachtungen und Erfahrungen machen konnten, sei dem Aufenthalte trotzdem ein eigenes Kapitel gewidmet.
Von unserer pakistanischen Etappe existieren keine Bilder, weshalb die nebenstehende Illustrationskolonne mit Bildern von einer Geschäftsreise im Jahre 1987 nach Karachi substituiert ist.

Tagebuchausschnitte
Entwürdigende Szenen auf dem Bahnsteig von Quetta
Die wenigen pakistanischen Rupien, die wir noch in Kandahar wechseln konnten, reichten gerade mal für ein Ticket in der zweiten Klasse auf dem Zug von Quetta nach Zahedan durch Belutschistan. Wir stiegen in einen Waggon, den man bestenfalls als einen umgebauten Viehwagen bezeichnen konnten. In diesem waren längs und durch die Mitte lange Pritschen eingebaut und die seitliche Türe war gleichzeitig das einzige Fenster. Während des Wartens auf die um etliches verspätete Abfahrt des Zuges befahlen die auf dem Perron patroullierenden Polizisten immer wieder Leute aus dem Wagen, um sie dann mit Stöcken zu prügeln. Der Sinn dieser menschenverachtenden Handlungen entzog sich unserer Kenntnis und schien reine Willkür oder Einschüchterung zu sein. Dies stellte einen weiteren Negativpunkt dar, welcher verhinderte, dass bei uns die Zuneigung zu Pakistan so richtig entflammte.
Durch die Wüsten Belutschistans
Mit einiger Verspätung fuhr der Zug schliesslich aus dem Bahnhof von Quetta und in die Wüstenlandschaft Belutschistans hinaus. Durch die offene Türe drang eine leichte Brise in den Waggon, der die mittägliche Hitze etwas angenehmer gestaltete. In der Ferne waren Bergzüge zu erkennen, deren Entfernung aber nicht abgeschätzt werden konnte, denn zwischen diesen und unserer Position lagen wie ein riesiger See die Spiegelungen, hervorgerufen durch die starke Erhitzung der bodennahen Luftschichten.
Klassenwechsel zur Bilanzaufbesserung Pakistans
Für die Nacht wurden wir glücklicherweise von einem Zugsbegleiter in die erste Klasse eingeladen und konnten dort bequem schlafen. Am nächsten Morgen wurde uns sogar ein Frühstück serviert und wir wurden anschliessend in einen weitaus bequemeren Wagen «unserer zweiten Klasse» umplatziert. Mit dieser Aktion hatte der Zugsbegleiter natürlich drei Positivpunkte für Pakistan verbucht, so dass wir in der Summe eine positive Bilanz vermelden konnten.
Die Umrüstung in einen Schmugglerzug
Die Ausreiseformalitäten bei der Grenzpolizei brachten wir trotz der fehlenden Einreisestempel klaglos hinter uns und der Zug konnte weiter Richtung Grenze rollen. Beim letzten Halt kurz vor der eigentlichen Grenze geschah Wunderbares. Der grösste Teil unserer Mitreisenden verliess mit schwerem Gepäck den Zug, um dieses wahrscheinlich auf irgend einem der Schmugglerpfade in den Iran zu bringen. Die Verbleibenden blieben ebenfalls nicht untätig: Die Wandverkleidungen im Innern des Abteils wurden erst weggeschraubt, die dahinter liegenden Hohlräume mit Schmuggelgut vollständig gefüllt und dann die Verkleidung wieder montiert. Was nicht Platz fand wurde verteilt, so dass jeder Mitfahrende genau eine Teekanne aus Aluminium , eine ... usw, vor sich hatte, schliesslich gehört ja so was zur persönlichen Reiseausrüstung. Was nicht Platz fand oder verteilt werden konnte, wurde noch unter die Bänke geschoben.
Scharfe Grenzkontrolle
Es musste natürlich mit einer scharfen Kontrolle durch die iranischen Beamten gerechnet werden, denn es ist kaum anzunehmen, dass solches Tun auf dieser Strecke einmalig gewesen wäre. Dem war tatsächlich so! Die Gruppe von Grenzbeamten betrat unseren Wagen und während ihr Vorgesetzter der Form halber den Inhalt unserer Rucksäcke inspizierte, schoben seine Untergebenen mit ihren Füssen die schlecht unter den Bänken platzierten Schmugglersäcke etwas ausser Sichtweite, was ihnen nur leidlich gelang. Anschliessend musste noch jeder Passagier drei Pillen gegen die in Pakistan häufigen aber im Iran unerwünschten Infektionskrankheiten schlucken, dann hatten wir alle die Grenze offiziell passiert. Kaum war die Patrouille einen Wagen weiter gewandert, konnten die Teekannen, etc, wieder einem einzigen Besitzer zugeführt werden und die Hohlräume wurden wieder zu dem was ihr Name ausdrückt.
Von Kandahar an die pakistanische Grenze
Auf dem Abschnitt von der Grenze bis nach Zahedan, der ersten grösseren iranischen Stadt und Endpunkt der Bahnlinie, waren wir nur noch wenige Passagiere, alle andern hatten mittlerweile auf schnellere Verkehrsmittel gewechselt. Wir fuhren in die Nacht hinein und man liess uns in Zahedan noch bis zur Morgendämmerung durchschlafen.
Parkanlage in Karachi Parkanlage in Karachi
Traditionell Schön geschmückter Schulbus Traditionell schön geschmückter Schulbus
Strasse in einem vornehmen Wohnquartier Strasse in einem vornehmen Wohnquartier
Strassenszene in Karachi Strassenszene in Karachi
Hussein Ebrahim Jamal Research Institute Hussein Ebrahim Jamal Research Institute
Die NMR Mannschaft des H.E.J. Institutes Die NMR Mannschaft des H.E.J. Institutes
Morgendämmerung in Karachi Morgendämmerung in Karachi

Etappen der Orientreise
Istanbul. Metropole am Bosporus.
Anatolien. Die Hauptstadt Ankara, Kappadokien und Erzurum.
Irans Norden. Die Städte Täbriz, Teheran und Mashhad.
Afghanistans Nordroute. Auf Piste von Herat nach Mazar-i-Sharif.
Hindukusch mit Bamiyan und Band-i-Amir. Buddhas und Seen.
Durch Belutschistan. Bemerkenswertes aus Pakistan.
Irans Süden. Die Städte Bam, Kerman und Yazd.
Esfahan. Paläste, prächtige Moscheen und armenische Kirchen.
Persepolis. Ruinen und Flachreliefs in der alten Kaiserstadt.
Iranisch Kurdistan. Hamadan und Kermanshah in den Bergen.
Türkische Schwarzmeerküste. Grüne Vegetation, blaues Meer.
   

Foto Gallerien
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Heinz Rüegger - 03.06.2006 HOME