Einführung
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Die Sternstunde der Stadt Isfahan oder Esfahan, wobei letzteres näher an der Aussprache liegt, begann als der Safawidenherrscher
Schah Abbas I. ums Jahr 1600 seine Hauptstadt hierher verlegte. Er tat dies nicht ganz freiwillig, musste er doch dem Druck der Osmanen
weichen, die den Nordwesten des Irans bedrohten und bereits vorher die Verlegung des Regierungssitzes von Täbriz nach Qazwin
erzwungen hatten. Schah Abbas I., der auch der Grosse genannt wird, liess aus allen Teilen des Reiches Künstler und Handwerker
zur Verschönerung der Stadt berufen. Mit ihren grosszügigen Plätzen und Gartenanlagen, den wohlgestalteten Brücken
über den Zayandeh Ruh, den repräsentativen Palästen und prächtigen Moscheen galt Isfahan bald einmal als
eine der schönsten Städte der Welt. Viel dieser einmaligen Schönheit ist uns erhalten geblieben obschon sich das Zentrum
der Macht im Verlaufe der Zeit über die Stationen Mashhad und Shiraz nach Teheran verlagert hat.
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Tagebuchausschnitte
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Der Meydan
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Das Herzstück der Stadt Isfahan bildet ein grosser zentraler Platz, an welchem sich einige der bedeutenderen Moscheen und
Paläste finden. Es ist der Platz der Plätze schlechthin und wird oft schlicht und einfach Meydan genannt. Heute wird er
offiziell als Meydan-e-Imam geführt, zu Zeiten unseres Besuchs natürlich noch Meydan-e-Shah, ist aber auch
unter dem prosaischen Namen Meydan-e-Naqsh-e-Djahan bekannt. Letzteres bedeutet gänzlich unbescheiden «Platz
des Ebenbildes der Welt». Er wurde im Verlaufe der Geschichte immer wieder umgestaltet, so findet sich beispielsweise der
Baumbewuchs, der sich auf unseren Aufnahmen noch zeigt, nicht mehr auf neuzeitlicheren Aufnahmen dieses Ortes.
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Auf der Veranda des Ali Qapu Palastes
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Der auf der westlichen Seite des Meydan-e-Imam gelegene Ali Qapu Palast stellte ehedem die Eingangspforte zur kaiserlichen
Residenzstadt dar. Herausragendes äusseres Merkmal ist seine gegen den Platz hin orientierte Veranda mit 18 hölzernen
Säulen. Von ihr aus genossen wir den Blick über den Platz hinweg zu den beiden gänzlich in andern Farben gekachelten Kuppeln
der Shaikh Lotfallah und der heutigen Imam Moschee. Bei letzterer konnte man auch gut den eingefügten Knick zwischen Vorportal und eigentlicher
Moschee erkennen. Dieser architektonische Trick erlaubte es, die Gebetshalle nach Mekka hin aus zu richten, während es vom Platze
aus gesehen den Anschein machte, all sei diese harmonisch in den Grundriss des Platzes eingefügt.
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Das Musikzimmer im Ali Qapu
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Einer der vielen Säle im Torpalast wies eine ganz besondere Art von Verzierungen auf: Vor die Wand und Deckenzone wurde eine
Verschalung aus Gips gelegt, in welche die Umrisse von Gefässen verschiedenster Form und Grösse eingeschnitten wurden.
Diese Struktur samt der darin untergebrachten Glas- und Metallflacons sollen zu einer ganz besonders geschätzten Akustik
geführt haben, die von Musikanten sehr geschätzt worden sei und dem Raum die Bezeichnung Musikzimmer eingetragen habe.
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Chehel Sotun Palast
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Inmitten einer grossen Parkanlage liegt die safawidische Palastanlage des Chehel Sotuns, dessen Name «Vierzig Säulen»
auf die zwangzig Säulen der hölzernen Veranda zurückgeht, die sich so schön im davorliegenden langen Wasserbecken
spiegeln und sich somit verdoppeln. Im Innern des Palastes betrachteten wir die reichen Wandmalereien, die einerseits Bankettszenen
aus dem safawidischen Hofleben und andererseits bedeutende historische Schlachten darstellten.
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Medrese-ye-Chahar Bagh
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Die aus den beiden ersten Jahrzehnten des 18. Jahrhundert stammende Medrese-ye-Chahar Bagh - die «Universität der vier
Gärten» - stellt eines der hübschesten Gebäude Isfahans dar. Der Haupteingang besteht aus einem
reich mit Fliesen geschmückten Iwan der zu einer Vorhalle führt. Diese öffnet sich dann zu einem grossen Innenhof,
welcher auf allen vier Seiten mit doppelstöckigen Arkaden umgeben ist. Hinter diesen befanden sich die Räume der Studenten
und Lehrer. Zur Finanzierung der Institution war eine grosse Karawansarai und ein Bazar der Hochschule angegliedert.
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Shahmoschee - Masjid-e-Imam
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Die für Schah Abbas den Grossen konzipierte königliche Moschee stellt das bedeutendste der Bauwerke am
Meydan-e-Imam dar. Sie wurde Anfangs des 17. Jahrhunderst gegen das Ende seiner Regierungszeit hin errichtet.
Auf den speziellen Aspekt ihres geknickt angelegten Grundplans wurde bereits hingewiesen. Besonders
eindrücklich wirkten auf uns die Fliesenverzierungen am Eingangstor beim Platz und and den vier Iwanen, die sich zum Innenhof
der Anlage öffnen. Die floralen Muster wurden in schönster Weise mit kalligraphischer Ornamentik verknüpft.
Schriftbänder laufen in gegenläufigen Helices jeweils auch an den beiden Paaren von Minaretten entlang nach oben.
Der Moschee angegliedert war auch eine Medrese. Die Doppelarkaden, hinter welchen die Räume der Studenten und Professoren
lagen, flankieren den zentralen Innenhof.
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Armenierviertel Neu-Djolfa
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Südlich des Flusses Zayandeh Rud und über die Si-o Se Pol zu erreichen befindet sich das Quartier der Armenier.
Diese Bevölkerungsgruppe wurde 1605 unter Shah Abbas an diesen Ort umgesiedelt nachdem ihre Stadt Djolfa in den
Kriegen gegen die Osmanen zerstört worden war. Sie hielten über die Jahrhunderte hinweg ihren christlichen
Glauben aufrecht und zahlreiche Kirchen und Klöster legen in diesem Quartier davon Zeugnis ab. Die Armenier trugen
als begabte Handwerker und ihrer Diaspora verbundene Händler viel zum Wohlstand Isfahans bei, so dass ihnen hier
im fernen Exil weitreichende Privilegien gewährt wurden.
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Armenische Kirchen offenbaren sich im Innern
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Die armenischen Kirchen in Neu-Djolfa unterscheiden sich äusserlich gänzlich von der traditionellen Kreuzbauweise, wie
man sie sonst in Armenien und der Osttürkei findet. Die Bauformen der Gotteshäuser sind der iranisch-islamischen
Architektur entlehnt und lediglich Details weisen auf Kirchen hin. Wir besuchten zwei dieser Kirchen und waren beim Betreten
jeweils über die reichen Wandmalereien erstaunt. Abgebildet waren vornehmlich Szenen aus der langen Kirchengeschichte
der Armenier. Insbesondere die Ausgestaltung der Martyrienszenen waren in einer derart schonunglosen Brutalität gehalten,
dass einem der kalte Schauder über den Rücken lief. Aussen angebrachte und in armenischer Schrift gehaltene
Gedenktafeln weisen eindringlich darauf hin, dass die Vergangenheit dieses kleinen Volkes oft nicht die glücklichste war.
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Bazarbezirk mit der Freitagsmoschee
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Nördlich vom Meydan-e-Imam liegt der grosse Bazarbezirk der Stadt mit seinen vielen kleinen und engen Gässchen.
Mitten drin, und vor lauter Läden und aufgetürmten Waren fast nicht zu erkennen, befindet sich die grosse
Freitagsmoschee, die um Jahrhunderte älter als die bereits erwähnten safawidischen Bauten ist.
Um einen grossen Innenhof gruppiert weist sie vier Torbogen auf und gilt als erste Moschee dieses Vier Iwane Typus in Iran.
Die weit ausgedehnten Säulenhallen und die zwei in der Farbe ihrer Ziegel belassenen Kuppeln, die Gondad-e-Khaki (sandfarbene) im
Norden und die Gondad-e-Nizam al-Molk im Süden der Anlage gehen auf die Zeit der Seldjukenherrschaft zurück.
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