Hindukusch mit Bamiyan und Band-i-Amir

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Einführung
Quer durch den Hindukusch führte einst ein Zweig der legendären Seidenstrasse, entlang derer ein intensiver Fernhandel getrieben wurde. Dieser Handel wiederum brachte Wohlstand in die Region, der sich noch in einigen Bauwerken, wie dem einsam gelegenen grossen Minarett von Jam oder dem Felsenkloster mit den beiden grossen Buddhafiguren in Bamiyan manifestiert. Neben diesen eindrücklichen Kulturdenkmälern beeindruckt die malerische Landschaft, insbesondere die lapislazulifarbenen Seen von Band-i-Amir.

Tagebuchausschnitte
Durch die Schluchten des Hindukusch
Zu früher Morgenstunde fuhren wir mit dem Bus auf der breiten, von den Russen gebauten, Strasse nach Doshi in den Hindukusch hinein. Wir rechneten damit, in einen Lastwagen umsteigen zu müssen, aber bald tauchte ein Minibus auf, der nach Bamiyan fuhr. Das Gepäck wurde auf dem Dache festgezurrt und die Fahrt auf der Schotterpiste durch ein schönes Tal konnte ihren Lauf nehmen. Weiter oben verengte sich das Tal zunehmend bis wir durch eine von hohen und schroffen Felswänden geprägte Schlucht fuhren. Diese mündete später ins breite, auf mehr als 2500 m Höhe gelegene Hochtal von Bamiyan.
Anfangs hatten wir uns noch etwas gewundert, was die Flinte auf dem Armaturenbrett des Busses wohl zu bedeuten hatte. Jedesmal beim Auftauchen von Vogelschwärmen hielten wir zu einer Pause an und unserer Fahrer widmet sich mit seiner Schrotflinte vorerst einmal der Vogeljagd!
Bamiyan, Höhlenkloster mit zwei riesigen Buddhafiguren
Mit dem Tal von Bamiyan besuchten wir eine der grössten Attraktivitäten, die Afghanistan zu bieten hat. In eine hohe Felsstufe eingelassen fand sich ein buddhistisches Kloster aus vorislamischer Zeit, dessen sakrale und profane Rämlichkeiten vollständig in den Stein eingegraben waren und untereinander mit einem komplizierten System von Treppen und Gängen in Verbindung standen.
Wäre das Kloster allein schon eine Reise wert gewesen, so wurde die Attraktivität dieses Ortes noch um ein Vielfaches erhöht durch die dort vorhandenen beiden riesigen Buddhastatuen. Sie waren durch die Mönche ebenfalls aus dem Fels herausgeschnitzt worden und waren ursprünglich sogar bemalt gewesen. Auch ohne letzteres beeindruckten uns neben der Grösse auch Details, wie etwa der hübsch herausgearbeitete Faltenwurf der Kleidung. Eiferer des islamischen Glaubens hatten schon vor Jahrhunderten die Gesichter der beiden Statuen durch Absägen der Front zerstört, liessen aber die Figuren als solche intakt. Leider wurden dieses eindrückliche Kulturdenkmal der Menschheit vor einigen Jahren durch die Taliban mutwillig und vollständig zerstört. Die Hoffnung auf einen baldigen Wiederaufbau ist heute jedoch glücklicherweise gegeben.
Die Lapislazuliseen von Band-i-Amir
Etwas westlich, von Bamiyan und über drei Pässe mit Höhen über 3000 m zu erreichen, finden sich die lieblichen, tiefblauen Seen von Band-i-Amir. Mit ihrer Lapislazuli-Färbung ergab sich ein satter Kontrast zu den sommerlich kahlen und in rötliche Erdfarben getauchte Wüstenlandschaft. Die intensive Farbe dieser Gewässer rührt vom hohen Mineraliengehalt her. Dieser ist auch verantwortlich für die Ausscheidung von Kalksinter an den Ausflüssen und führte im Verlaufe der Jahrtausende zum Aufbau einer Art natürlicher Staumauer, die bis etwa ein Dutzend Meter hoch sein kann. Wie bei einem künstlichen Stausee auch, kann das Gefälle genutzt werden, um hier zahlreiche Mühlen an zu treiben.
Staubige Rückfahrt nach Bamiyan
Wir hatten keine Rückfahrt gebucht, weil wir noch nicht sicher waren, ob wir die Nacht an den Seen verbringen wollten. Als wir dann doch den Rückweg nach Bamiyan schon am gleichen Nachmittag antreten wollten, war der Bus schon ausgebucht und wir wurden auf die Mitfahrgelegenheit auf dem Dache verwiesen. Wir nahmen also zusammen mit dem Gepäckjungen Platz und freuten uns auf eine Fahrt an der frischen Luft mit herrlicher Aussicht auf die Seen und die Berg- und Passwelt, während alle andern in der stickigen Kabine sitzen mussten. Wir hatten allerdings nicht mit den Pistenverhältnissen gerechnet, insbesondere nicht mit dem feinen Staub, der uns schnell einmal dick und vollständig eindeckte. Aus den zusammengekniffenen Augen konnte man die Landschaft ebenfalls nicht wirklich geniessen. Bis wir in Bamiyan waren, standen die Kleider vor Staub und Dusche tat dann wirklich gut!
Die Hauptstadt Kabul
Auf der Fahrt von Bamiyan nach Kabul verliessen wir die Bergregion des Hindukusch über einen hohen Pass hinweg und gelangten in eine etwas langweiligere Gegend und schliesslich in die Hauptstadt des Landes. Kabul weist eine relativ grosse Ausdehnung auf, so dass wir teilweise ein Taxi bemühen mussten, um vom Hotel zum Bushof, zum Basar oder zur Touristeninformation zu gelangen. Der Versuch, eine Bewilligung zum Besuch der Region Nuristan zu erhalten, war nicht von Erfolg gekrönt - ohne die Buchung eines teuren Pauschalarrangements mit Afghantour schien nichts zu laufen. Somit entschlossen wir uns, über Kandahar nach Quetta in Pakistan auszureisen.
Von Kandahar an die pakistanische Grenze
Noch war es nicht wirklich Tag geworden als wir schon mit der Pferdekutsche rasant unterwegs waren zum Abfahrtsort des Buses an die pakistanische Grenze. Dieser erwies sich als das weitaus älteste und vielseitigste Fahrzeug, das wir auf unserer Reise bislang gesehen hatten: Die Türen fehlten gänzlich, unten in den Gepäckraum wurde eine Herde von Schafen verladen und der Schafsbock im Gang zwischen den beiden zerschliessenen Sitzreihen untergebracht!
Die Ausreiseformalitäten im Grenzort waren rasch erledigt und wir konnten mit einem Jeep zur eigentlichen Grenze weiterfahren, dort noch Gepäckkontrolle und mit einer Motorrikscha zum pakistanischen Grenzposten und weiter in den Grenzort Chaman. Dort hätten wir eigentlich noch den Einreisestempel für Pakistan einholen müssen, aber irgendwie hatten wir das verpasst, so dass wir direkt zum Bushof weiterfuhren. Hier wartete das absolut antikste Modell eines Busses auf uns: eine Art umgebauter Lastwagen mit einem Holzverschlag auf der Ladebrücke und darin einige Holzbänke. Selbstverständlich war das ganze Vehikel reichlich verziert und bemalt in der Art der Lastwagen, die wir bereits in Mazar-i-Sharif gesehen hatten. Darin fuhren wir über den 2250 m hohen Khojakpass runter in die grosse Ebene mit Quetta in Belutschistan. Begleitet wurden wir dabei von der Eisenbahnlinie, welche die Engländer aus strategischen Gründen kunstvoll und mit viel Aufwand über denselbigen Pass angelegt hatten. Eine zweite ähnliche Linie, mit dem gleichen Zwecke, Afghanistan in die Zange zu nehmen, existiert etwas weiter nordöstlich am Khyberpass bei Peshawar.
Strassenszene in Bamiyan Strassenszene in Bamiyan
Höhlenwohnungen im Bamiyan-Tal Höhlenwohnungen Blume Blume
Klosterfelsen mit Buddhafiguren in Bamyian Klosterfelsen mit Buddhafiguren in Bamiyan
Grosser Buddha im Bamiyan-Tal Grosser Buddha Grosser Buddha im Bamiyan-Tal im Bamiyan-Tal
Seen von Band-i-Amir Band-i-Amir Seen von Band-i-Amir Band-i-Amir
Moschee am See von Band-i-Amir Kleine Moschee am See von Band-i-Amir
Natürliche Staumauer und Mühlen in Band-i-Amir Natürliche Staumauer und Mühlen in Band-i-Amir
Nomadenfrauen beim Waschen in Band-i-Amir Nomadenfrauen beim Waschen in Band-i-Amir
«Schneemann»-Gebäude in Kabul «Schneemann»-Gebäude in Kabul

Etappen der Orientreise
Istanbul. Metropole am Bosporus.
Anatolien. Die Hauptstadt Ankara, Kappadokien und Erzurum.
Irans Norden. Die Städte Täbriz, Teheran und Mashad.
Afghanistans Nordroute. Auf Piste von Herat nach Mazar-i-Sharif.
Hindukusch mit Bamiyan und Band-i-Amir. Buddhas und Seen.
Durch Belutschistan. Bemerkenswertes aus Pakistan.
Irans Süden. Die Städte Bam, Kerman und Yazd.
Isfahan. Paläste, prächtige Moscheen und armenische Kirchen.
Persepolis. Ruinen und Flachreliefs in der alten Kaiserstadt.
Iranisch Kurdistan. Hamadan und Kermanshah in den Bergen.
Türkische Schwarzmeerküste. Grüne Vegetation, blaues Meer.
   

Foto Gallerien
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Übersicht
Startseite Orienttour. Einführung zur Reise durch die Türkei, den Iran und Afghanistan mit Übersicht und Kurzbeschrieb der einzelnen Etappen.

Heinz Rüegger - 30.04.2006 HOME