Hamadan und Kermanshah

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Einführung
Das Zagrosgebirge trennt die zentralen Gebiete des Irans gegen den Persichen Golf und die Tieflande des Iraqs ab. Durch die Höhenlage herrscht im Sommer ein vergleichsweise angenehm kühles Klima. Die Region blickt auf eine lange historische Vergangenheit zurück und wird teilweise von der kurdischen Minderheit besiedelt. Wir besuchten die beiden wichtigen Städte Hamadan und Kermanshah bevor wir durch die eigentliche Provinz Kordestan zurück nach Täbriz und der Türkei reisten.

Tagebuchausschnitte
Flucht aus der schwülen Hitze Khuzestans
Wir fuhren mit dem Bus durch die Nacht von Shiraz nach Ahvaz in der Provinz Khuzestans, die als einzige der iranischen Provinzen von einer arabischstämmigen und arabischsprachigen Bevölkerung besiedelt ist. Auffallend auf der Reise, die über hohe Pässe und durch viele Schluchten führte, waren die zahlreichen Erdöl- und Erdgasförder- und Verarbeitungsstellen, die mit ihren Fackeln weit in die Nacht hinaus leuchteten. Wir erreichten Ahvaz morgens in aller Frühe und wussten sogleich, dass wir die hier im Einflussbereich des persischen Golfes herrschende schwüle Hitze nicht leicht aushalten würden. Wir entschlossen uns noch bevor der Tag richtig angebrochen war, die Region sofort wieder in Richtung der Zagrosberge zu verlassen.
Durch Lorestan nach Hamadan
Wir fanden Platz in einem Bus, der Ahvaz noch vor der grossen Tageshitze in Richtung Hamadan verlassen sollte. Trotz der frühen Stunden unseres Aufbruchs mussten wir in diesem Bus noch einige Zeit des Schmachten hinter uns bringen, bis wir in Lorestan die Gebirgsregion und damit ein kühlerers Klima erreicht hatten. Ab hier machte es wieder einmal richtig Spass durch den Tag zu reisen.
Die staubigen Ebenen Khuzistans hinter uns lassend, erreichten wir bald eine Reihe von fruchtbaren Tälern, in welchen das Wasser der Flüsse zur Bewässerung kleiner Felder herangezogen wurde. Diese wurden oft durch Pappelreihen flankiert, welche mit ihrem dunklen Grün einen schönen Kontrast zu den doch meist eher kahlen Bergrücken im Hintergrund bildeten.
Hamadan - moderne Stadt mit jahrtausende alter Vergangenheit
Die Ursprünge der Stadt gehen wahrscheinlich mindestens fünftausend Jahre zurück. Erste keilschriftliche Erwähnung erfuhr sie als Hauptstadt der Meder etwa 700 vor Chr. unter dem Namen Hagmatana, während sie den Griechen als Ekbatana bekannt war. Eroberer kamen und gingen und mit ihnen erlebte die Stadt ein ständiges Auf und Ab. Neben dem angenehmen Höhenklima sind es zwei bedeutende Grabmäler, welche sie zu einem Reiseziel machen.
Grabmal der Esther und des Mordechai
Das sogenannte Grabmal der uns aus biblischen Quellen bekannten Esther und ihres Onkels Mordechai befindet sich in einem schlichten mit einer Kuppel gedeckten Ziegelsteinbau. Darin lagern zwei Sarkophage aus Ebenholz, die mit Schnitzereien reichlich verziert sind. Wer indessen wirklich darin beigesetzt ist, löst unter Fachkundigen nach wie vor Diskussionen hervor. Nach dem Buch Esther im Alten Testament soll diese am achämanidischen Hof in Susa gelebt haben und von ihrem Mann Xerxes I. (486 - 465 v. Chr.) die Freilassung des jüdischen Volkers aus der babylonischen Gefangenschaft erwirkt haben. Einen direkteren Zusammenhang mit Hamadan hatte Jahrhunderte später Shushandokht, die jüdische Gattin des Sasanidenkönigs Yazdgerd I. (399 - 421 n. Chr).
Mausoleum des Wissenschaftlers Ali ibn Sina - Avicenna
Abu Ali Al-Hossein ibn Sina (980 - 1037), der in Europa lateinisiert Avicenna heisst und von den Iranern schlicht Abu Ali genannt wird, war ein ungeheuer vielseitiger Gelehrter und bahnbrechender Arzt, der mit seinen Schriften zur Philosophie und zu den Gesetzmässigkeiten der Heilkunde einen prägenden Einfluss auch auf die europäische Medizin bis ins 17. Jahrhundert hinein hatte. Er stammte aus Bukhara in Zentralasien, widmete sich nach dem Studium des Korans jenem der Logik, Geometrie und Astronomie, brachte sich selber Physik, Metaphysik und Medizin bei und betrieb bereits als 17-jähriger eine eigene Arztpraxis. Er starb auf einem Feldzug in der Nahe von Hamadan und wurde daselbst beigesetzt. Sein sehr modern wirkendes Mausoleum stammt aus der Mitte des letzten Jahrhunderts und ist dem Grabturm des Qabus ibn Wushmgir in Gonbad-e-Qabus nachempfunden.
Kermanshah und die Grotten von Taq-e-Bostan
Die Stadt Kermanshah als solche war unspektakulär, beeindruckte jedoch durch den grossen Bazar und die kurdische Bevölkerung, die in ihren traditionellen Trachten auftraten: die Männer gingen in weiten Pluderhosen, die an der Taille mit einer Schärpe zusammengebunden sind; die Frauen gingen im Gegensatz zu ihren persisch- oder arabisch-stämmigen Geschlechtsgenossinen unverschleiert ihres Weges.
Eine wichtige Attraktion stellten jedoch die nahe der Stadt in einer grossen Parkanlage liegenden Grotten von Taq-e-Bostan mit ihren wohl erhaltenen Reliefdarstellungen dar. Zwei Tiefreliefs stellen die Investitur der Könige Ardeshir II. und Khosrows II. dar. Aus den Händen der zoroastrischen Gottheiten Anahita und Ahura Mazda erhalten sie als Symbol der Macht die geflochtenen Ringe während bei Ardeshir Mithra ein Büschel mit Granatapfelzweigen über sein Haupt hält. An den Wänden der grossen Grotte sind Jagden Khosrows auf Hirsche und Wildschweine in einem Flachrelief eindrücklich dargestellt.
Grab der Esther und des Mordechai in Hamadan Grab der Esther und des Mordechai in Hamadan
Grabmal und Denkmal Ibn Sinas (Avicenna) Grabmal und Denkmal Grabmal und Denkmal Ibn Sinas (Avicenna) des Ibn Sina (Avicenna)
Meydan-e-Imam Khomeyni in Hamadan Meydan-e-Imam Khomeyni in Hamadan
Samovar in einer Teestube in Kermanshah Teestube in Kermanshah Relief im Tag-e-Bostan mit Sasanidenkönig Ardeshir II. Sasanidenkönig Ardeshir II.
Investitur Khosrows II. Relief in Taq-e-Bostan Investitur Khosrows II. Relief in Taq-e-Bostan
Khosrows Jagd auf Hirsche. Relief in Taq-e-Bostan Khosrows Jagd auf Hirsche Khosrows Jagd auf Wildschweine. Relief in Taq-e-Bostan und Wildschweine
Wassertragende Kurdin in Kermanshah Wassertragende Kurdin Wassertragende Kurdin in Kermanshah Wassertragende Kurdin

Etappen der Orientreise
Istanbul. Metropole am Bosporus.
Anatolien. Die Hauptstadt Ankara, Kappadokien und Erzurum.
Irans Norden. Die Städte Täbriz, Teheran und Mashhad.
Afghanistans Nordroute. Auf Piste von Herat nach Mazar-i-Sharif.
Hindukusch mit Bamiyan und Band-i-Amir. Buddhas und Seen.
Durch Belutschistan. Bemerkenswertes aus Pakistan.
Irans Süden. Die Städte Bam, Kerman und Yazd.
Isfahan. Paläste, prächtige Moscheen und armenische Kirchen.
Persepolis. Ruinen und Flachreliefs in der alten Kaiserstadt.
Iranisch Kurdistan. Hamadan und Kermanshah in den Bergen.
Türkische Schwarzmeerküste. Grüne Vegetation, blaues Meer.
   

Foto Gallerien
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Übersicht
Startseite Orienttour. Die Reise durch die Türkei, den Iran und Afghanistan mit Übersicht und Kurzbeschrieb der einzelnen Etappen.

Heinz Rüegger - 20.05.2006 HOME