Grattraversierung zum Hundsrügg

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Einführung
Die vergangenen Wochen waren gekennzeichnet durch eine lange Folge von Tagen mit schönem und relativ kalten Tagen. Erst auf dieses Wochenende hin war ein markanter Temperaturanstieg zu verzeichnen, welcher uns im Unterland die ersten frühlingshaften Tage bescherte. Überall sprossen im Freien die Schnee- und Märzenglöckchen, die Krokusse blühten und auch die allerersten Osterglocken machten sich bereits bemerkbar. Der Samstag lockte zum draussen auf dem Balkon Sitzen und für den Sonntag waren teilweise gar rekordverdächtige Temperaturen prognostiziert. Eine Skitour bei solch frühlingshaften Bedingungen liess einerseits auf gut fahrbaren Sulzschnee hoffen. Andererseits war mit einer im Tagesverlauf ansteigenden Gefahr von Nassschneerutschen zu rechnen und wir wählten deshalb eine Tour in nur mässig steilem Gelände aus.

Tagebuchausschnitte
Zweisimmen oder wo ist der Schnee geblieben?
Die Chumigalm im Osten von Zweisimmen sollte unser heutiges Tourenziel sein, und falls dann am Nachmittag noch Zeit bleiben würde, könnten wir mit dem Bus ins Sparemoos hinauf fahren, dort vielleicht ein Mittagessen einnehmen, um dann noch die kurze Tour auf den Hundsrügg an zu schliessen. So zumindest lauteten unsere Pläne bis wir bei der Fahrt durch das Simmental lediglich apere Wiesen durch das Zugsfenster zu gesicht bekamen. Selbst der Blick vom Bahnhof Zweisimmen auf die umliegenden Berghänge zeigte auf etlichen Hunderten von Höhenmetern wenig Schnee. Die einzige kleine Ausnahme im Grünbraun bildete die künstlich beschneite Rinderbergpiste, welche stark einem auf der Bergflanke ausgebreiteten Leintuch glich. Wollten wir eine einigermassen vernünftige Skitour unternehmen, mussten wir einen deutlich höher gelegenen Ausgangspunkt als Zweisimmen wählen. Wir entschlossen uns kurzfristig, in den wartenden «Golden Pass Express» einzusteigen, um dann auf der Weiterfahrt mittels Skitourenführer ein neues Ziel aus zu suchen.
Saanenmöser - Schönried, endlich Spuren von Schnee
Hätte uns der Skitourenführer «Berner Alpen West» von Daniel Anker und Ralph Schnegg durch seine breite Abdeckung eine durchaus grosse Wahl an Tourenzielen geboten, waren wir doch mit dem mitgeführten Kartenmaterial recht eingeschränkt. Wir waren deshalb recht angetan zu beobachten, dass sich langsam sogar Schnee neben den Geleisen breit machte, je näher wir dem Saanenmöser kamen. Wir fassten den Entschluss, Schönried als Ausgangspunkt zur Tour zu wählen. Die Nordwesthänge der Horn- und Saanerslochflue wiesen naturgemäss eine zusammenhängendere Schneedecke auf als jene auf der Gegenseite. Mit einer grossen Anzahl von mechanischen Beförderungsanlagen sind sie aber voll als Skigebiet erschlossen, während die Südhänge lediglich über eine Kabinenbahn hoch zum Rellerligrat zugänglich sind.
Aufstieg auf den Resten der Skipiste zum Rellerligrat (1831m)
Weitaus reizvoller, als die schattigen Abhänge mit dem Pistenvolk zu teilen, schien es uns zu sein, eine Skitour auf die Hubel im Norden des Saanenmösergebietes zu unternehmen. Diese Wahl bot die einmalige Gelegenheit, eine weitreichende Gipfeltraversierung mit der zu erwartenden Panoramaaussicht auf die lange Kette der Berner Alpen zu verbinden.
Die ersten paar hundert Meter entlang der Rellerlibahn verliefen noch komplett im Grünen und wir konnten erst im Hugeligraben auf die Ski und auf die kümmerlichen Reste, der nicht mehr zur Benützung freigegebenen, Skipiste wechseln. Durch eine geschickte Wahl der Aufstiegsroute liess sich aber immer ein Flecklein Schnee finden, so dass wir die Skis, von einer Ausnahme abgesehen, nicht mehr schultern mussten. Dafür konnten wir bald einmal Tenue-Erleichterung gewähren und die restliche Tour bis auf den Hundsrügg im T-Shirt angehen.
Wintersportbetrieb auf dem Rellerligrat
Als wir auf dem Rellerligrat eintrafen, dem mit einer Höhe von 1831 Metern ersten Gipfel unserer heutigen Tour, fanden wir sämtliche der mechanischen Beförderungsanlagen in Betrieb. Allerdings nutzten nur ganz wenige Schneesportler das Angebot und fuhren mit Ski oder Snowboard auf diesen etwas höher gelegenen und wohl präparierten Pisten. Wir setzten uns auf die grosse Terrasse des Restaurants an der Bergstation der Gondelbahn und genossen von dort die grossartige Aussicht auf die Alpenketten im Süden und die Freiburger Voralpen mit der Kette der Vanils auf der andern Seite. Beim «Suure Moscht», einer Bestellung, der sich überraschender- und irrtümlicherweise auch Sandra angeschlossen hatte, schwelgten wir in Erinnungen an die Touren, die wir in dieser Gegend schon alle unternommen hatten. Gerade unter uns lag ein Stücklein des Röstigrabens, welcher hier simultan die Namen Grischbachtal und Vallée des Fenils trägt. Einen inhaltlicher Zusammenhang kann ich dabei nicht erkennen, hätte ich doch letztere Bezeichnung mit Heubodental übersetzt. Auf jeden Fall sahen wir heute mehr von diesem Tal als bei dessen Durchwanderung im damals strömenden Regen. Ein Prachtwetter, wie heute, hatten wir dagegen bei der Skitour auf den Rodomont Devant, der sich als schöner weisser Kegel hinter dem Tal im Westen abzeichnete.
Fondueweg über den Hugeligrat (1898m) zum Schneitgrat (1935m)
Der zu überschreitende Grat war alles andere als schmal und ausgesetzt, zudem als Piste und Winterwanderweg mit der Bezeichnung «Fondueweg» bestens präpariert. Er stellte also selbst nach der Konsumation beider Flaschen Mostes in keiner Art und Weise ein Problem dar. Bald war der Hugeligrat erreicht und wir konnten auf diesem zweiten Gipfel die Felle abziehen, um eine kurze Abfahrt zu geniessen. Um sie noch ein bisschen zu verlängern, verzichteten wir auf den nächsten Gipfel, den 1879m hohen Planihubel, und fuhren direkt in dessen Westflanke auf dem Sommerweg durch den Wald dem Schneitgrat entgegen. Auf unserem dritten Gipfel des Tages entschlossen wir uns zur Mittagsrast und genossen bei schönster Aussicht und Wetter die mitgebrachten Köstlichkeiten.
Kurze Abfahrt und Wiederaufstieg rund um den Birehubel
Der nachfolgende kurze Nordostgrat war wesentlich schmaler, und auch etwas ausgesetzter, als was wir es bisher auf der Tour angetroffen hatten. Die Abfahrt darüber musste deshalb wohlüberlegt angegangen und die nordseitig überhängenden Wächten umfahren werden. Anschliessend folgte ein kurzer Abschnitt über freie Hänge, an welchen man einige genussvolle Schwünge ausführen konnte. Nach allzukurzer Abfahrt stand dann bereits die Traversierung zur Alphütte von Bire an.
In der Nordabdachung des Birehubels waren vor kurzem bereits Lawinenabgänge zu verzeichnen gewesen, so dass wir uns entschlossen, den direkten Weg zur Luegle links liegen zu lassen und an dessen Statt, den kurzen Umweg über den Sattel zwischen Birehubel und Wannehörli in Kauf zu nehmen.
Hundsrügg (2047m), Top of Tour.
Nach weiteren 200 Höhenmetern im leichten Aufstieg über den noch gut eingeschneiten Südwestgrat erreichten wir den breiten Gipfel des Hundsrüggs und genossen noch einmal die schöne Aussicht, die sich uns rundum bot. Die Abfahrt vom Gipfel zur Schiltenegg auf Nüjeberg war leider sehr kurz, dann folgten schon wieder ausgedehnte flachere Stücke, die für den hier betriebenen Langlaufsport bestens geeignet sind, sich aber keineswegs für eine rassige Tiefschneeabfahrt anbieten. Um nicht ständig im weichen Schnee stecken zu bleiben, mussten wir in diesem Gelände gar auf die präparierten Wege ausweichen.
Endstation Sparemoos
Im Sparemoos beendeten wir die Tour, um uns mit dem Bus nach Zweisimmen runter bringen zu lassen. Noch blieben aber ein paar Minuten Zeit für ein gemütlich zu trinkendes Bierchen einerseits und ein eiligst einzunehmendes Apfelchüchli andererseits.
Wir hatten heute eine nicht geplante Ausweichtour mit extrem schöner Aussicht gemacht und den Tag voll geniessen können. Trotz dieser durchaus positiven Bilanz, denke ich, dass die Tour für Schneeschuhläufer besser geeignet ist als für Skitürler, insbesondere wegen der dorch recht unzureichenden Abfahrtsmöglichkeiten.
Apere Südhänge in Schönried-Saanenmöser Apere Südhänge in Schönried-Saanenmöser
Blick vom Rellerligrat zur Gruppe von Les Diablerets Blick vom Rellerligrat zur Gruppe von Les Diablerets
Blick ins Pays d'Enhaut und zu Rubli und Gummfluh Blick ins Pays d'Enhaut und zu Rubli und Gummfluh
Sandra beim «Suure Moscht» auf dem Rellerligrat Sandra beim «Suure Moscht» auf dem Rellerligrat
Traversierung des Schneitgrates, Blick nach Westen Traversierung des Schneitgrates, Blick nach Westen
Mittagsrast auf dem Schneitgrat, Blick nach Osten Mittagsrast auf dem Schneitgrat, Blick nach Osten
Aussicht von Bire auf die Gastlosen und Abländschen Aussicht von Bire auf die Gastlosen und Abländschen
Albristhorn und Wildstrubel dominieren die Aussicht Albristhorn und Wildstrubel dominieren die Aussicht
Panorama von Wildstrubel bis Wildhorn Tollstes Panorama von Wildstrubel bis Wildhorn
Birehubel und Blick zur Gummfluh und Mont Blanc Birehubel und Blick zur Gummfluh und Mont Blanc
Alp Schiltenegg auf Nüjeberg vor Albristhorn und Wildstrubel Alp Schiltenegg auf Nüjeberg vor dem Albristhorn
   

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Heinz Rüegger - 29.02.2008 HOME