Durch das Massif des Maures ans Mittelmeer

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Einführung
Der kleine Abschwenker am Vorabend in Richtung Osten nach Bargemon hatte schon angedeutet, dass wohl nicht der ganz direkte Weg über Draguignan und Le Luc nach Toulon eingeschlagen werden sollte. Trotzdem standen noch verschiedene Varianten zur Diskussion. Sollte ich das nur noch etwa 25 km Luftlinie entfernte Mittelmeer bei Fréjus ansteuern und dann der Küstenstrasse über Ste-Maxime und der Corniche des Maures weiter nach Westen folgen? Oder vielleicht doch eher den Weg auf kleinen Strassen oder gar Pisten durch das eher wild geschilderte Massif des Maures suchen? Bei der Wegfahrt waren die Optionen noch alle offen und noch war nichts entschieden. «Kommt Zeit kommt Rat» war meine Devise des Tages.

Tagebuchausschnitte
Malerische provençalische Bergdörfer
Im Hinterland der Côte d'Azur gibt es eine ganze Reihe herrlicher Städtchen, die allesamt auf einem Hügel oder zumindest auf einer Geländestufe erbaut worden sind. Dabei rücken die Häuser jeweils eng zusammen und definieren einen klar begrenzten Stadtkern einheitlicher Architektur. Enge Gassen, eine sich durchzwängende Hauptstrasse, ein unter dem Schatten grosser Bäume liegender Platz in deren Zentrum und die vielen blumengeschmückten oder mit farbigen Fenterläden versehenen Häuser erwecken einen romantisch-malerischen Eindruck. Diesen kann man am einfachsten mit dem Adjektiv «provençalisch» zusammenfassen, welches bei uns Nordländern jede Menge Sehnsüchte weckt, denen wir zur Ferienzeit zu Hunderttausenden erliegen.
Trotz dieser sommerlichen Invasion - die Gegend hier in den Hügeln zwischen Verdon und Meer schien mir überwiegend durch Holländer in Beschlag genommen - ist man vom Charme dieser Siedlungen vollkommen eingenommen, kann jedoch nicht entscheiden, welches dieser Städtchen nun das Schönste sei. Doch; vielleicht war es jenes, welches man die Chance hatte am frühen Morgen zu sehen, als die Sonne noch ihr weiches Licht auf seine Mauern legte und nur ein paar Einheimische unterwegs in die bereits geöffneten Boulangerien war. Vielleicht wars aber auch jenes, das man von ausserhalb und eingebettet in die schöne Landschaft im satten Licht des Abends wahrgenommen hat?
Unterwegs in Richtung Mittelmeer
Ich glaube, wir sollten wieder zu einer Beschreibung der Tour zurück kommen, schliesslich war dies doch versprochen auf diesen Seiten. War Bargemon mein Abendstädtchen, so war Seillans mein Morgenstädtchen und dazwischen lag eine geruhsame Nacht in einem schönen Eichenwald. Seillans war dann auch schon der Umkehrpunkt meines Abschwenkers nach Osten und ich wandte mich Richtung Le Muy und wollte auf dem Wege dahin noch die Cascades de Pennafort besuchen. Diese Wasserschnellen scheinen jedoch durch ein luxuriöses Resort in Beschlag genommen worden zu sein. Wahrscheinlich besteht ein öffentlicher Zugang, aber zu dieser Morgenstunde schienen mir noch alle Tore verschlossen zu sein. Von der weiterführenden Strasse D. 25 hatte man zwar einen Einblick in die tief eingeschnittene Schlucht, durch die dichte Vegetation jedoch ohne die Chance auf einen Blick auf die Kaskaden.
Le Muy war schon zum Leben erwacht und auf den Strassen und Plätzen im Zentrum der Altstadt wurde einer der für die Region typischen Trödelmärkte für die vielen Touristen abgehalten. Ich habe mir beim Anblick der Waren immer die Frage gestellt, wie gut das Recycling organisiert sei. Im Sommer kaufen die Touristen in Ferienstimmung die tollsten Souvenirs und werden ihrer im nordischen Winter wieder überdrüssig. Wer sammelt diese wieder ein und bringt sie zurück in den Süden, um den Kreislauf zu schliessen? Oder gibt es wie in andern Ländern auch eine spezialisierte Industrie für «hundert Prozent echte provençalische Antiquitäten»?
Auf Strassen und Pisten durch das Massif des Maures nach Westen
Wir sind schon wieder vom eigentlichen Thema abgekommen - also zurück: Südlich von Le Muy traf ich auf die Hauptstrasse nach Ste-Maxime und konnte diese wegen des dichten Ferienverkehrs in Richtung Küste fast nicht überqueren. Damit war guter Rat einmal billig und klar, dass ich am nahen Col de Gratteloupe auf die Nebenstrasse nach Plan-de-la-Tour und La Garde-Freinet einschwenkte. Erstaunlich wie ruhig es hier auf einmal wurde und nach La Garde-Freinet war gar Einsamkeit pur angesagt. Das schmale Teerband bis nach Haute Court wich einer Piste, die sich durch den dichten Laubwald entlang der Geländekontouren schlängelte. Nach Stunden erst erreichte ich wieder die Nebenstrasse D. 14 und folgte dieser über den Col de Taillude ins schöne Städtchen Collobrières. Dort traf ich wieder auf - einen ganz kleinen Teil des -Touristenstroms und die Zivilisation, letzteres begrüsste ich als durstiger Radler ausnahmsweise wieder gerne!
Treffpunkt: Centre d'Équestre bei Les Salins d'Hyères
Heute hatte ich zum ersten Mal am Abend einen Fixpunkt und musste mir deshalb keinen geeigneten Platz zum Übernachten suchen. Allerdings war ich mir auch nicht im Klaren darüber, welche Art von Infrastruktur ich in diesem Reitzentrum zu erwarten hatte. Für gängige Touristen wäre wohl der Zeltplatz zwischen Rossäpfeln und -koppeln zu bescheiden gewesen, aber ich kriegte sogar mein wohlverdientes Bierchen, also nichts zu jammern. Beim Eindunkeln traf dann auch noch der erwartete Transport mit Sandra und ihrem Pferd Souhaila ein und wir konnten unserer Rückreise in den Norden entgegen sehen. Doch dies ist eine andere Geschichte, die noch zu erzählen wäre.
Olivenhain vor dem Städtchen Seillans Olivenhain vor dem Städtchen Seillans
Städtchen Seillans am Fusse eines bewaldeten Hügels Städtchen Seillans am Fusse eines bewaldeten Hügels
Schlucht bei Le Muy mit Draguignan im Hintergrund Schlucht bei Le Muy mit Draguignan im Hintergrund
Provençalische Landschaft bei Plan-de-la-Tour Provençalische Landschaft bei Plan-de-la-Tour
Pisten im Massif des Maures bei La Garde-Freinet Pisten im Massif des Maures bei La Garde-Freinet
Wegweiser gibt Auskunft über den Pistenverlauf Wegweiser gibt Auskunft über den Pistenverlauf
Das Massif des Maures, eine unendliche Reihe bewaldeter Hügel Das Massif des Maures, eine Reihe bewaldeter Hügel
   

Reise Etappen
Von Martigny zum Grand St-Bernard Königsetappe: Schotterpiste des Col du Parpaillon
Grand et Petit St-Bernard und Val d'Isère Durch das Tal des Verdon in die Provence
Grossartige Etappe der Tour de France Durch das Massif des Maures ans Mittelmeer

Foto Gallerien
Impressionen. Momente der Reise festgehalten in 39 Bildern und in getrenntem Fenster angezeigt. Bilderindex
Reise in Bildern. Die in den Textteilen zur Illustration verwendeten Bilder im Grossformat in getrenntem Fenster angezeigt.
Übersicht
Startseite der Westalpen-Tour. Einführung zur Reise durch die Westalpen ans Mittelmeer mit Übersicht und Kurzbeschrieb der einzelnen Etappen.

Heinz Rüegger - 29.09.2007 HOME