Von Martigny zum Grand St-Bernard

1

Einführung
Am Wochenende waren wir noch zu einer Hochzeit ins nordrheinische Mönchengladbach geladen gewesen. Dies hatte zur Konsequenz, dass erstens die ganze Vorbereitung der Reise in den Süden noch am Morgen des Montags erfolgen musste und zweitens, dass ich nicht von zu Hause loslegte, sondern den Ausgangspunkt nach Martigny am Rhoneknie verlegte. Entgegen unseren üblichen Gewohnheiten war damit ein relativ später Start zu einer Tagesetappe vorprogrammiert und es stellte sich die Frage, wie weit hoch ich im Aufstieg zum grossen St. Bernhard noch kommen würde, bis der Einbruch der Nacht den Endpunkt der Etappe bestimmen würde.

Tagebuchausschnitte
Durch Pannen geprägter Anfang
Die allererste Phase der Tour war durch eine Serie von Pannen geprägt und wie üblich sollten es deren drei werden. Als erstes führte eine Betriebsstörung im Zürcher S-Bahn Bereich zu einer verspäteten Abfahrt des Intercity-Zuges nach Bern, so dass in Lausanne als zweites der Anschlusszug ins Wallis verpasst wurde. Die dritte Panne betraf dann das private Fahrzeug. Kaum hatte ich die Innenstadt von Martigny hinter mir gelassen, liess der hintere Reifen rasch Luft und ein erster Wechsel des Schlauches wurde notwendig. Eine kurze Inspektion des Schadens ergab, dass das Loch überraschenderweise auf der Innenseite des Schlauches angesiedelt war, dass also nicht ein eingedrungener Gegenstand die Ursache der Panne darstellte. Es hatte sich vielmehr das Felgenband verschoben und die scharfe Kante der nicht mehr gedeckten Vertiefung für den Speichennippel war für die Panne verantwortlich.
Auf den alten Hauptstrassen durch die Dörfer
Als Kompensation für die verlorene Zeit, lernte ich jedoch die in diesem Stadtteil vorhandenen schönen, gedeckten Brunnen kennen. Sonst wäre ich wohl auf der breiten Umgehungsstrasse, statt entlang der alten gepflästerten Gasse durch Le Bourg de Martigny, achtlos an diesem malerischen Quartier vorbeigefahren.
Die nächste Gelegeheit für einen kleinen und auch lohnenden Abstecher von der Hauptverkehrsstrasse bot sich bald schon in Bovernier und dann vor allem in Sembrancher. Letzteres Dorf beindruckte micht durch seine schmucken Häuser, welche die stillen und fast verkehrsfreien Gassen flankieren. Am Brunnen wurde es auch Zeit, die Wasserflaschen für den nun anstehenden Aufstieg zum Pass zu füllen.
Weinbau und Aprikosenhaine
Die Walliser Landwirtschaft wird bei uns in der «Üsserschwyz» fast gleich gesetzt mit Weinbau, Tomaten, Aprikosen und vielleicht noch etwas Williamsbirnen. Verlässt man Martigny in südlicher Richtung staunt man über die Teils sehr steil an den Talflanken angelegten Weinberge, die durch die Strasse zum Col de la Forclaz durchschnitten werden. Weiter oben im Tal der Dranse sind Aprikosenhaine angelegt, deren reife Früchte bis fast auf die Strasse hinaus reichten. Zum Glück fanden sich entlang der Strasse zum St. Bernhard ab und zu kleine Verkaufsstände, an welchen man sich mit den köstlichen Früchten direkt vom Produzenten eindecken kann. Dazu fand sich noch ein träfer Werbeslogan: « ... mit am Baum gereiften Früchten ...», was wie wir alle wissen heute alles andere als selbstverständlich ist, reifen die meisten landwirtschaftlichen Produkte heute doch im Laden oder gar erst beim Kunden.
Hoch am Hang durch das Val d'Entremont
In Orsières ist für die Bahn Endstation und auch die Strasse verlässt nun den Talgrund und schwingt sich in ein paar Kehren empor zu den saftigen Weidehängen weit oberhalb des Flusslaufes der Dranse d'Entremont. Um sieben Uhr abends erreichte ich mit Bourg-St-Pierre das hinterste Dörfchen im Tal, welches seinen architektonischen Charme noch weitgehend erhalten konnte. Mit seiner kleinen Kirche, den netten Häuschen und den Holzfassaden der Scheunen machte es einen recht unverfälschten und netten Eindruck.
Hochalpine Täler am Fusse des Grand St-Bernard
Das Val d'Entremont, von dem es übrigens am andern Ende des Kantons Wallis einen Vetter mit dem Namen Zwischbergental gibt, erfuhr hinter Bourg-St-Pierre einen stärker hochalpin geprägten Charakter. Die Strasse verschwand öfter unter Gallerien, welche die Verkehrswege vor Steinschlag und Lawinen schützen sollen. Erst in Bourg-St-Bernard, wo sich das Portal des Strassentunnels befindet, gelangte man auf der konventionellen Passstrasse wieder vollständig ans Tageslicht. Dieses wurde für mich jedoch immer knapper, der Tag neigte sich nun definitiv dem Ende zu, so dass ich beschloss, auf den weiten Weiden der Combe de Drône mein Zelt für die hereinbrechende Nacht auf zu schlagen.
Steile Weinberge bei Bourg de Martigny Steile Weinberge bei Bourg de Martigny
Blick zurück über das Rhonetal hinweg Blick zurück über das Rhonetal hinweg
Gassen im Ort Sembrancher Verkehrsfreie Gassen Gassen im Ort Sembrancher im Ort Sembrancher
Orsières am Eingang zum Val Ferret Orsières am Eingang zum Val Ferret
Val d'Entremont zw. Liddes und Bourg-St-Pierre Val d'Entremont zw. Liddes und Bourg-St-Pierre
Bourg-St-Pierre, hinterstes Dorf im Val d'Entremont Bourg-St-Pierre, hinterstes Dorf im Val d'Entremont
Abendstimmung am Lac des Toules Abendstimmung am Lac des Toules
   

Reise Etappen
Von Martigny zum Grand St-Bernard Königsetappe: Schotterpiste des Col du Parpaillon
Grand et Petit St-Bernard und Val d'Isère Durch das Tal des Verdon in die Provence
Grossartige Etappe der Tour de France Durch das Massif des Maures ans Mittelmeer

Foto Gallerien
Impressionen. Momente der Reise festgehalten in 39 Bildern und in getrenntem Fenster angezeigt. Bilderindex
Reise in Bildern. Die in den Textteilen zur Illustration verwendeten Bilder im Grossformat in getrenntem Fenster angezeigt.
Übersicht
Startseite der Westalpen-Tour. Einführung zur Reise durch die Westalpen ans Mittelmeer mit Übersicht und Kurzbeschrieb der einzelnen Etappen.

Heinz Rüegger - 06.10.2007 HOME