Einführung
|
Entlang der Luftlinie gemessen, liegen die beiden Städte Barcelonnette und Toulon noch 150 km auseinander und mir
blieben noch zwei Tage, um diese Distanz zu bewältigen. Die Zeit war somit gekommen, nach einem relativ direkten
Weg in den Südwesten zu suchen. Recht genau auf der vorgegebenen direkten Route liegt das obere Tal des Verdons,
bevor dieser im Grand Cañon du Verdon seine Richtung nach Westen zu wechselt und der Durance zu fliesst. Somit ergab sich
eine hervorragende Möglichkeit guten Geländegewinn zu erzielen und gleichzeitig ein in vielen Teilen noch
recht eigentümliches Tal zu erleben. Vorerst stellte sich jedoch mit dem Col d'Allos noch ein recht gebirgiges Hindernis
dazwischen.
|
|
Tagebuchausschnitte
|
Barcelonnette - Barcelaou
|
Barcelonnette oder Barcelaou ist ein hüsches, im wilden Tal der Ubaye gelegenes, Städtchen. Zur frühen
Morgenstunde meiner Durchfahrt lag es jedoch noch im Schatten der umliegenden hohen Berge und ich entschloss mich
deshalb auf das Fotographieren zu verzichten. Das Ortschild war zweisprachig gestaltet und führte nebst dem
gängigen französichen Namen des Ortes auch dessen provençalisches Äquivalent in der
Langue d'Oc. Interessant ist, dass in der regionalen Benennung der in der französischen Sprache gebräuchliche
Diminuativ fehlt.
Man sieht zweisprachige Benennungen immer häufiger und dies kann als ein Zeichen gewertet werden, dass
der Hegemonismus der französischen Kapitale vielleicht etwas an Bedeutung verliert und sich der Regionalismus
stärker in den Vordergrund schieben kann.
|
Col d'Allos (2240 m) - Pforte zum Süden
|
Wirft man einen Blick auf die Landkarte, so wird man gewahr, dass ausgehend von Barcelonnette zwei fast parallele
Strassen durch das Tal der Bachelard nach Süden führen. Die östlichere verläuft stärker
im Grunde der Gorges de Bachelard und führt nach einem Schwenker nach Osten hin zum Col de la Cayolle und
ins Tal der Var. Dieser Weg stellt den direktesten Zugang zum Mittelmeer dar und führt in die Gegend von Nizza.
Die westlichere Strasse
muss den Passübergang ins Verdontal bereits nach 20 km erreichen und verläft deshalb schon früh
entlang des Osthanges des Tals und über den Abgründen der Schlucht. Zahlreiche, schön aus den
felsigen Abhängen heraus gesprengte Abschnitte mit etlichen Bogenbrücken, die kleine Seitentäler
überwinden, prägen das Bild. Die Strasse verlässt dann das Haupttal und schwenkt in ein Nebental
ein, in welchem man die kleine Skistation Les Agneliers passiert. Anschliessend erreicht man in Kehren durch den Wald
und über Alpwiesen den Scheitelpunkt des letzten grösseren Übergangs zum Süden.
|
Durch das obere Verdontal
|
Nach der Passhöhe taucht man über zahlreiche Serpentinenkurven ein in den hinteren Talkessel des
Verdon. Auf dessen Grunde liegt die, zumindest im Sommer nicht speziell attraktive Skistation La Foux d'Allos, deren
Liftanlagen sich im Dreiviertelkreis über die umliegenden Hänge erstrecken. Die Bausünden
verloren sich auf der rasanten Fahrt talwärts schnell und bald schon kündigte eine Festung das malerische
Städtchen Colmars an. Dieses weist eine noch gut erhaltene Stadtmauer auf und dessen mittelalterlicher Charme und
Markt zieht viele Touristen an. Im weiteren Verlauf öffnete sich das Tal ein wenig und liess dem Verdon ein
breiteres, mit vielen Kiesbänken durchsetztes Bett. Aber bald schon sollte der Fluss sich wieder zwischen Bergen
durchzwängen mit dem Höhepunkt des Grand Cañon du Verdon zwischen Castellane und Ste-Croix.
|
Barrage de Castillon-Demandoix
|
Abwechslung in die Fahrt durch das wilde Verdontal brachte dann der von der Barrage de Castillon-Demandoix aufgestaute
See südlich des Städtchens St-André-les-Alpes. Wie schon andere Stauseen zuvor beeindruckte dieser
durch seine Türkis-Farbe und die recht schöne Einbettung in die Landschaft. Auf etwa halber Strecke dem See
entlang thronte der hübsch vor der Bergkulisse gelegene Ort St-Julien-du-Verdon auf einem kleinen, das Wasser
überragenden Hügel. Von der bogenförmigen Staumaurer aus konnte man einen Blick in die darunter liegende
Schlucht werfen, deren steile Kalkabbrüche bereits auf den kommenden Höhepunkt hinwiesen.
|
Die obere Verdonschlucht
|
Über den von Norden her nur unscheinbaren Col de Cheiron konnte die Stadt Castellane gewonnen werden.
Mit der in den
Bergen erlebten Einsamkeit war es ab hier definitiv vorbei, die Gegend war in festen Händen der in starkem Ausmasse internationalen
Kundschaft und der vielen Anbieter touristischer Leistungen. Im grossen Anwenderspektrum standen natürlich flussbezogene
Aktivitäten wie Kajak- und Schlauchboot-Fahren durch die Verdonschlucht im Vordergrund. Dies machte sich im nachfolgenden
Streckenabschnitt teils stark bemerkbar. An einigen Stellen der Schlucht war der Bootverkehr so stark, dass man unwillkürlich
an grossstädtischen Stossverkehr denken musste. Im Gegensatz zu Einzelnen, die sich auf Luftmatratzen den Fluss hinunter
treiben liessen, beeindruckten die kommerziellen Anbieter mit guter Ausrüstung und erkennbar hohen Sicherheitsstandards.
Die Strasse verlief in diesem Abschnitt der Schlucht grossenteils auf dem Niveau des Flusses was einen die Enge der Kluft recht
eindrücklich erleben liess. Bei der Pont de Soleils querte ich den Fluss und folgte dem Tal des Jabron nach Süden im
beruhigenden Wissen, dass ich den unteren Abschnitt des Grand Cañon du Verdon bei der Rückreise noch besuchen
würde.
|
|
Strassenviadukt in den Gorges de Bachelard
|
Skigebiet auf der Südseite des Col d'Allos
|
Festung bei Colmars
|
Pont du Moulin am Verdon
|
Häuserfront in Villars-Colmars sur Verdon
|
Türkisfarbener Lac de St-Julien-du-Verdon
|
Gassen und Strassen in
|
Castellane sur Verdon
|
Der Weiler Jabron bei Trigance im Verdon
|
Provençalisches Bergstädtchen Bargemon
|
|